Was bedeutet souveräne IT-Infrastruktur in Deutschland?

Die IT-Infrastruktur ist ein zentraler Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit von Unternehmen. Besonders in Deutschland, wo Datenschutz und rechtliche Sicherheit von größter Bedeutung sind, gewinnt der Begriff der "souveränen IT-Infrastruktur" zunehmend an Relevanz.
Doch was bedeutet souveräne IT-Infrastruktur in Deutschland konkret und warum ist sie so essenziell?

Souveräne IT-Infrastruktur im Kontext des US Cloud Act

Souveräne IT-Infrastruktur bezieht sich auf die Fähigkeit von Unternehmen, die Kontrolle und Hoheit über ihre Daten und IT-Systeme zu bewahren. Dies ist besonders im Kontext des US Cloud Act von Bedeutung, da dieser US-Unternehmen verpflichtet, Daten – auch von ausländischen Kunden – auf Verlangen an US-Behörden herauszugeben, selbst wenn diese in Rechenzentren in Europa gespeichert sind.

Für deutsche Unternehmen stellt dies ein erhebliches wirtschaftliches als auch sicherheitspolitisches Risiko dar, die ihre Datenhoheit und die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen betreffen. Diese Situation führt zu einem Verlust der digitalen Souveränität, wenn z.B. die Abhängigkeit von US-Hyperscalern einen Kontrollverlust über sensible Daten und Geschäftsgeheimnisse mit sich bringt. Auch eine politische Entscheidung, bestimmten Kreisen den Zugang zu ihren Daten und Workloads zu verweigern, ist heute nicht mehr undenkbar.

Kriterien für eine souveräne IT-Infrastruktur

Eine souveräne IT-Infrastruktur ist so gestaltet, dass Unternehmen jederzeit die volle Kontrolle über ihre Daten und IT-Systeme behalten.
Dies kann auf verschiedene Weise erreicht werden:
 

  • Standort und rechtlicher Rahmen in Deutschland
    Die Datenverarbeitung und der Betrieb der Infrastruktur sollten bei unabhängigen europäischen oder deutschen Unternehmen in Deutschland erfolgen, um vor Zugriffen durch ausländische Behörden (z.B. US Cloud Act) geschützt zu sein. Die Unabhängigkeit des lokalen Cloud-Anbieters ist dabei sehr wichtig. Denn auch bei deutschen Tochterfirmen internationaler Hyperscaler ist Vorsicht geboten, da diese ebenfalls dem US Cloud Act unterliegen und auf Anfrage verpflichtet sind, Daten herauszugeben – selbst wenn diese physisch außerhalb der USA liegen.
    Die Infrastruktur sollte technische sowie nationale und internationale Standards bzw. Regelungen (z.B. BSI-Standards, IT-Sicherheitsgesetz, C5-Zertifizierung) erfüllen, um einen umfassenden Schutz vor Zugriffen durch Dritte zu gewährleisten. Dazu zählen technische und organisatorische Maßnahmen wie Verschlüsselung, Rechte- und Identitätsmanagement sowie regelmäßige Risikobewertungen.
     
  • Datenhaltung und -verarbeitung
    Dies umfasst die Hoheit darüber, wer, wann und wie auf Daten zugreifen, sie speichern, verarbeiten oder löschen kann. So sollten ausschließlich autorisierte Personen Zugriff auf Daten gekommen und alle Datenverarbeitungsprozesse transparent und nachvollziehbar sein.
     
  • Vermeidung von Wechselhürden (Vendor Lock-Ins)
    Eine souveräne Infrastruktur setzt auf offene Standards und Schnittstellen, um die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern oder Dienstleistern zu vermeiden. Dies ermöglicht es Unternehmen, flexibel zu bleiben und bei Bedarf den Anbieter zu wechseln – ohne technische, rechtliche und vor allem hohe finanzielle Hürden.
     
  • Zertifizierte Sicherheit und Compliance
    Hohe Sicherheitsstandards und die Einhaltung anerkannter Zertifizierungen (wie ISO 27001 und BSI C5) sind essenziell. Regelmäßige unabhängige Prüfungen und dokumentierte Prozesse sorgen für ein hohes Maß an Vertrauen und Sicherheit.
     
  • Hochverfügbarkeit, Ausfallsicherheit und Transparenz
    Die IT-Infrastruktur muss so gestaltet sein, dass sie auch bei Störungen oder Angriffen zuverlässig funktioniert. Dazu gehören redundante Systeme, klare Service Level Agreements (SLAs) und letztlich auch eine transparente Kommunikation über Kosten und Leistungen.

Vorteile einer souveränen IT-Infrastruktur für deutsche Unternehmen

  • Schutz sensibler Daten: Souveräne IT-Infrastrukturen schützen sensible Daten und Geschäftsgeheimnisse vor unkontrolliertem Zugriff durch US-Behörden oder andere Drittstaaten und ermöglichen den eigenen Zugang zu den Systemen, unabhängig von spontanen geopolitischen Einflüssen.
  • Rechtssicherheit und Compliance: Die Einhaltung der DSGVO und europäischer Datenschutzvorgaben minimiert das Risiko von Bußgeldern und Rechtsstreitigkeiten.
  • Erhöhte Resilienz: Unabhängigkeit gegenüber geopolitischen Spannungen und globalen Krisen wird gestärkt.
  • Vertrauensgewinn bei Kunden und Partnern: Transparente und souveräne Datenverarbeitung stärkt das Vertrauen.
  • Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland: Investitionen in lokale IT-Infrastrukturen und Know-how fördern die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland.

Fazit

In der aktuellen Zeit und vor dem Hintergrund des US Cloud Acts ist die Sicherung der digitalen Souveränität für deutsche Unternehmen von großer Wichtigkeit.
Durch den Einsatz lokaler, zertifizierter Cloud-Lösungen, ggf. hybrider Cloud-Strategien und einer Besinnung auf unabhängige, inländische Provider können Unternehmen ihre Datensouveränität zurückgewinnen. So werden nicht nur Datenschutz und Rechtssicherheit gewährleistet, sondern auch technologische Unabhängigkeit, Flexibilität und Innovationskraft gefördert. 
Eine souveräne IT-Infrastruktur ist nicht nur eine Notwendigkeit, sondern ein strategischer Vorteil für Unternehmen in Deutschland.